6. bis 12. Juli

Stimmung im Land

Um den 8. Juli 1809 wurden drei Schriftstücke abgefasst, die über die Stimmung im Land Auskunft gaben: Die Bauern seien des bisherigen Spieles müde und hätten unter der bayrischen Regierung weit weniger gelitten …, als in den letzten drei Monaten, seit wir hier im Lande sind.

Wenn nicht Hilfe käme, dann würde man fruchtlose Opfer eines Versprechens werden, welches der Hof den Tirolern gegeben, aber wie es der Feind in seinen Proklame mit froher Zuversicht prophezeite, niemals gehalten haben würde. In der Kriegskasse sei seit der zweiten Hälfte Juni kein Kreuzer mehr. Die Truppe müsse daher auf Unkosten des gänzlich erschöpften Landes leben, dessen Eifer unter diesem Druck notwendig stumpf werden muss. Wenn die Hilfe noch zehn bis 14 Tage ausbleibe, würde „eine völlige Unsicherheit des Eigentums und ein innerer Krieg entstehen.“

Die Schriftstücke stammen aus der Feder des Generals Buol und des Intendanten Hormayr und waren für die Erzherzöge Karl und Johann bestimmt. Begleitet wurden diese Informationen von einer Reihe von Vorschlägen, wie sich das in Tirol stehende Militär rasch aus Tirol entfernen könne. Ohne solche Hilfe an Geld und wenigstens an etwas Munition und Getreide blieb uns nichts anderes übrig, um nicht die Einwohner aufzufressen und in eine grosse Räuberbande auszuarten, als uns über Klagenfurt gegen Warasdin durchzuschlagen, und nicht abzuwarten, bis ein starker feindlicher Angriff durch das Inntal gegen den Brenner geschieht, und eine andere Truppe uns auch noch den Ausweg nach Kärnten versperrt. Als Hintergrund dieser Schreiben vermutet Hans von Voltelini die Absicht Hormayrs und Buols, sich möglichst ohne Gesichtsverlust aus der ausweglosen Situation in Tirol entfernen zu können.

Doch hört man auf die Stimmen aus der Bevölkerung, dann schien diese Charakterisierung der Lage nicht so verfehlt. Die Lage in Tirol war Ende Juni sehr schlecht. Es fehlte vor allem an Getreide. Die Ernte im Inntal war größtenteils vernichtet. Einführen ließ sich das Getreide wie üblich aus Bayern oder Italien nicht, weil das Land an allen Seiten abgeschnitten war.

Die Kriegsbegeisterung war nicht überall gleich verbreitet. Der Frühmesser Eberhöfer legte sich laut seinem späteren Bericht ins Bett und stellte sich krank statt dem Aufruf zum Landsturm zu folgen. Zu einem Studienkollegen meinte er: Ach wärest Du doch im Bette geblieben … Wir ‚Hochhüte‘ taugen nicht unter die Stürmer … Meide den Umgang mit den rebellischen Bauern, sonst wirst Du noch ärger misshandelt. Später schlossen sich beide offiziell den Stürmern an, entliefen dann jedoch beide. Schon vom 3. Juni berichtet Anton Knoflach, dass die „Landesverteidiger“ in Innsbruck um eine Wegzehrung baten und versicherten, sie würden nun nicht mehr ausziehen.

Ellinor Forster

Quellen und Literatur

– Bibliothek Ferdinandeum, F 2072, Nr. 57 u. 60, zit. nach Hans von Voltelini, Forschungen und Beiträge zur Geschichte des Tiroler Aufstandes im Jahre 1809, Gotha 1909, 186-188.
– Hans von Voltelini, Forschungen und Beiträge zur Geschichte des Tiroler Aufstandes im Jahre 1809, Gotha 1909.
– [Joseph von Hörmann], Interessante Beyträge zu einer Geschichte der Ereignisse in Tyrol vom 10. April 1809 bis zum 20. Februar 1810. Gesammelt und herausgegeben zur unterhaltenden Vergleichung mit andern Nachrichten, Zeitungen und französischen Armee-Tags-Berichten – nebst kurzen Anmerkungen, o. O. 1810.
– Franz Schumacher (Hg.), Anton Knoflach’s Tagebuch über die Ereignisse in Innsbruck … im Jahre Neun … (Anno Neun XIII), Innsbruck 1909.