31. Aug. bis 6. Sept.

… Erzählung, nicht Forschung.

Wenn wir heute Details von 1809 wissen wollen, wie beispielsweise die Frage, wer für das leibliche Wohl des Sandwirts während seiner Zeit in Innsbruck gesorgt hat, so können wir dies in Josef Hirns „Tirols Erhebung im Jahre 1809“ nachlesen. Hirns „Erhebung“, gemeinsam mit Hans von Voltelinis „Forschungen und Beiträge zur Geschichte des Tiroler Aufstandes im Jahre 1809“, zwei als epochal zu etikettierende Werke (Schennach, Revolte, S. 32.), sind bis heute die Basis für weitere Forschungen zum Thema „anno neun“.

Die anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums der Erhebung von 1809 erschienen Schriften unterschieden sich von früheren Arbeiten zu „anno neun“ vor allem durch die konsequente Einarbeitung von bis dahin kaum berücksichtigten Quellen. Hirn (1848-1917) stützte seine „Erhebung“ mit Akten aus kaiserlich-österreichischen wie aus königlich-bayerischen Archiven, während Voltelini (1862-1938) u. a. auf die Bestände des französischen Außenministeriums, auf französische Gesandtschaftsberichte sowie auf die Schreiben Maximilians von Montgelas zurückgriff. Ihre Motivation war ähnlich, der Schwerpunkt  verschieden. So schrieb Hirn: Der äussere Verlauf des Tiroler Aufstandes ist unzählige Male gezeichnet, genauer gesprochen, nachgezeichnet worden. Das meiste darin ist nur Erzählung, nicht Forschung. Er wolle daher eine vorurteilsfreie Geschichte des denkwürdigen Tirolerjahres schreiben, die Pflugschar über dieses ergiebige Ackerfeld … führen zum säkularen Gedenken an eine grosse Zeit. (Hirn, Erhebung, S. V u. X). In ähnlicher Weise hatte Voltelini die Absicht aus Überlieferung und Legende die Wahrheit herauszuschälen. (Voltelini, Geschichte des Tiroler Aufstandes, S. VI). Neben seinem Anspruch, dass falscher Glanz und Glitter rund um „anno neun“ zerfallen müsse, sieht er seine „Forschungen und Beiträge“ als Ergänzung zu der unmittelbar zuvor erschienen umfassende Darstellung des Aufstandes von 1809 eines hochverdienten vaterländischen Geschichtschreibers [gemeint ist damit natürlich Josef Hirn, dessen Werk er damit indirekt kritisiert, Anm. P. A.], denn bekanntlich erlangen Bilder erst dann plastische Deutlichkeit, wenn sie unter verschiedenen Gesichtswinkeln gesehen werden. (Voltelini, Geschichte des Tiroler Aufstandes, S. IX)

Voltelini verzichtet konsequenter Weise weitgehend auf Ereignisgeschichte, v. a. auf die Beschreibung von Kampfhandlungen, während Hirn eben darauf den Schwerpunkt legt. In Voltelinis Buch werden vielmehr Fragestellungen angerissen, die erst anlässlich des 200-jährigen Gedenkens vermehrt wieder aufgegriffen werden sollten, Fragen nach der Legitimität der Erhebung, Einbeziehung der Sicht von außen auf Tirol oder die Problematik der Mystifizierung, Glorifizierung, Überhöhung und Instrumentalisierung des Jahres 1809. Dementsprechend oft findet sich Voltelinis „Geschichte des Tiroler Aufstandes“ auch im Literaturverzeichnis der Beiträge des Wochenkalenders 1809-2009.

Wer aber wissen will, wer nun für Hofer gekocht hat, wird, wie für unzählige weitere Details, bei Hirn fündig:

Der einfache Haushalt, wie er im Sandwirtshaus Brauch war, wurde auch in der kaiserlichen Burg fortgesetzt. Es gab nur ein simples, aber kräftiges „Fuhrmannsmahl“. Die Wirtin beim „Moll“ in der Hofgasse zunächst der Burg hatte die Küche zu besorgen. Sie erwarb sich des Oberkommandanten Zufriedenheit. Und als Beleg, Hirn erhob ja den Anspruch zu forschen, nicht zu erzählen, führt er dazu folgendes Dokument an:

Innspruck 1. September. Unterzeichneter hinterlasset der Frau Mollin, Gastwirtin zu Innsbruck negst der Purg, die ganze Zufriedenheit und das allerpöste Vergniegen, … (Hirn, Erhebung, S. 636).

Peter Andorfer

Quellen und Literatur:

– Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909.
– Martin P. Schennach, Revolte in der Region. Zur Tiroler Erhebung von 1809 (Veröffentlichungen des Tiroler Landesarchivs 16), Innsbruck 2009.
– Hans von Voltelini, Forschungen und Beiträge zur Geschichte des Tiroler Aufstandes im Jahre 1809, Gotha 1909.